Die vom ehemaligen Volkswagen-Chef Herbert Diess initiierte neue Software-Tochter Cariad sollte den Konzern zu digital stärkeren US- und chinesischen Herstellern aufschließen lassen. Da dies trotz Milliardeninvestitionen nicht klappte, änderte der neue CEO Oliver Blume die Software-Strategie und legte den Fokus auf eine Partnerschaft mit dem in diesem Bereich als fortschrittlich geltenden US-Elektroautobauer Rivian. Doch auch dieses Projekt soll nun große Probleme machen.
Durch den Misserfolg der neu geschaffenen Entwicklungseinheit Cariad verschoben und verschieben sich Modellanläufe, die Entwickler melden versprochene Funktionen ab und wichtige Konzernmarken wie Audi und Porsche verlieren an Wettbewerbsfähigkeit. Der aufsummierte Schaden dürfte inzwischen deutlich über der 20-Milliarden-Euro-Marke liegen, schreibt das Manager Magazin.
Nachdem das Unternehmen realisiert hatte, dass Cariad nicht der richtige Weg bei Software ist, wurde im letzten Jahr die Partnerschaft mit Rivian besiegelt. Das deutsche Unternehmen stockte 2024 die Investition in das Projekt noch einmal um 800 Millionen Euro auf 5,8 Milliarden Euro auf. Mit einem Gemeinschaftsunternehmen erhält Volkswagen Zugriff auf die Elektro- und Softwarearchitektur der Amerikaner.
Doch nach Informationen des Manager Magazins läuft auch bei dem Software-Projekt mit dem US-Partner vieles schief. Immer neue Probleme tauchten auf. Wenn es so weitergehe, werde Rivian für Oliver Blume zur Falle. Die neuen Softwareprobleme seien nicht mehr bloß die Hinterlassenschaften seines Vorgängers. Die alten Risiken wollte er aus dem Weg räumen, habe aber selbst gefährliche Neue geschaffen.
Die Elektro-Modelle, die mit Rivian-Algorithmen fahren sollten, verspäten sich demnach „massiv“: Audis SUV Q8 e-tron und der elektrische A4 um mindestens ein Jahr auf Mitte und Ende 2028. Porsches elektrisches Luxus-SUV mit dem Codenamen K1, zuletzt auf Ende 2027 terminiert, soll sogar unbestimmt verschoben worden sein, „irgendwann in die 30er-Jahre“.
VW dementiert, intern soll es aber Unruhe geben
Für Verbrenner-Modelle sei die Rivian-Software ursprünglich nicht vorgesehen worden, heißt es weiter. Jetzt aber würden die Verbrenner konzernweit wieder in die Produktpläne geschoben, und das bis weit nach 2035. Zwischenlösungen müssten her, womöglich soll sogar Cariad aushelfen. „Das zieht konzernweit neue milliardenteure Verschiebungen nach sich, teils um mehrere Jahre“, so der Bericht. Volkswagen halte offiziell dagegen: Rivian arbeite im Plan. Es gebe keine Modelle, die wegen Rivian verschoben worden seien.
Im Konzern wächst aber die Unruhe, will das Manager Magazin wissen. Betriebsratschefin Cavallo und Audi-Vize Rita Beck, ebenfalls Volkswagen-Aufsichtsrätin, würden nachforschen. Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch, Intimus der Eignerfamilien Porsche und Piëch, sei alarmiert und habe für die Aufsichtsratssitzung im September einen Workshop angesetzt. Im Oktober werden laut dem Manager Magazin die Topentwickler des Konzerns festlegen, mit welcher Software und wann sie ihre Modelle nun wirklich bringen wollen. Dabei gehe es auch darum, welche Rolle Rivian spielen wird.
Für weniger Unruhe scheint das von Blume eingefädelte Joint Venture mit dem China-Elektroauto-Start-up XPeng zu sorgen, das die Software für den wichtigen chinesischen Markt liefern soll: Es entwickele sich „gut“, so der Bericht.
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