Die EU-Kommission hat zum Jahresende das „Automobilpaket“ vorgelegt, um die Bemühungen des Sektors beim Übergang zu sauberer Mobilität zu unterstützen. „Sie legt einen ehrgeizigen, aber pragmatischen politischen Rahmen fest, um Klimaneutralität und strategische Unabhängigkeit bis 2050 zu gewährleisten und gleichzeitig den Herstellern mehr Flexibilität zu bieten“, heißt es aus Brüssel. „Außerdem wird damit der Forderung der EU-Industrie nach einer Vereinfachung der Vorschriften entsprochen.“
Der Automobilsektor sei seit Jahrzehnten der Schlüssel zur industriellen Stärke Europas, da er Millionen von Arbeitsplätzen erhält und technologische Innovationen vorantreibe, betonen die EU-Politiker. Während sich die Welt verändere, verändere sich die Automobilindustrie durch neue Technologien und Akteure. Mit dem neuen Paket werde ein starkes Marktsignal für emissionsfreie Fahrzeuge (ZEV) aufrechterhalten, während der Industrie mehr Flexibilität bei der Erreichung der CO2-Ziele eingeräumt werde und Fahrzeuge und Batterien aus der Europäischen Union unterstützt würden.
„Die Initiative für Unternehmensfahrzeuge wird die Einführung emissionsfreier und emissionsarmer Fahrzeuge unterstützen. Der Omnibus für die Automobilindustrie stärkt die Wettbewerbsfähigkeit durch Einsparungen bei den Kosten, die sich voraussichtlich auf rund 706 Mio. EUR pro Jahr belaufen, und durch Bürokratieabbau bei gleichzeitiger Erhöhung der Investitionssicherheit“, so die EU.
Kommissionspräsidentin von der Leyen: „Innovation. Saubere Mobilität. Wettbewerbsfähigkeit. In diesem Jahr waren dies die obersten Prioritäten in unseren intensiven Dialogen mit der Automobilbranche, zivilgesellschaftlichen Organisationen und Interessenträgern. Und heute sprechen wir sie alle gemeinsam an. Da die Technologie die Mobilität rasch verändert und die Geopolitik den globalen Wettbewerb neu gestaltet, steht Europa weiterhin an vorderster Front beim globalen Übergang zu sauberen Technologien.“
Die Kommission hat ein Paket entworfen, das Angebot wie Nachfrage beim Übergang des Automobilsektors berücksichtigt. Auf der Angebotsseite wird eine Überprüfung der bestehenden CO2-Emissionsnormen für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge und eine gezielte Änderung der Normen für schwere Nutzfahrzeuge vorgelegt. Auf der Nachfrageseite schlägt sie eine Initiative zur Dekarbonisierung von Unternehmensfahrzeugen mit verbindlichen nationalen Zielen für emissionsfreie und emissionsarme Fahrzeuge vor.
Die CO2-Normen böten nun weitere Flexibilitätsmöglichkeiten, um die Industrie zu unterstützen und die Technologieneutralität zu verbessern, während sie den Herstellern Vorhersehbarkeit böten und ein klares Marktsignal zur Elektrifizierung aufrechterhalten, erklärt die EU-Kommission.
Konkret müssen die die Hersteller von Pkw ab 2035 das Ziel einer Verringerung der Auspuffemissionen um 90 Prozent einhalten, während die verbleibenden 10 Prozent Emissionen durch die Verwendung von CO2-armem Stahl „Made in the Union“ oder durch E-Kraftstoffe und Biokraftstoffe kompensiert werden müssen. Dies wird es ermöglichen, dass Plug-in-Hybride (PHEV), sogenannte Range-Extender-Elektrofahrzeuge, Mildhybride und Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor auch nach 2035 eine Rolle spielen, zusätzlich zu rein elektrischen (EVs) und Wasserstofffahrzeugen.
Vor 2035 werden die Automobilhersteller zudem in der Lage sein, von „Superkrediten“ für kleine erschwingliche Elektroautos aus der Europäischen Union zu profitieren. Dies soll Anreize für die Markteinführung von mehr kleinen Elektrofahrzeugmodellen schaffen. Für das Ziel für 2030 für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge wird zusätzliche Flexibilität eingeführt, indem für den Zeitraum 2030-2032 „Banking & borrowing“ ermöglicht wird. Gemeint ist damit die Möglichkeit, die Emissionen über einige Jahre zu mitteln, wodurch die Autohersteller den Erfolg guter Jahre für schlechte Jahre „aufsparen“ können.
Bisher war vorgesehen, dass der CO2-Ausstoß neuer Pkw 2035 um 100 Prozent gesenkt werden soll. Das wäre mit klassischen Benzin- oder Dieselmotoren nicht möglich und wurde daher von einigen als „Verbrenner-Aus“ bezeichnet. Die Folge wäre in der Praxis der Umstieg auf Elektro- und Wasserstofffahrzeuge gewesen – dagegen haben sich jedoch vor allem auch deutsche Unternehmen und Politiker gewährt. Darauf reagiert die EU nun.
Eine zusätzliche Flexibilität wird für das Transportersegment gewährt, in dem die Akzeptanz von Elektrofahrzeugen laut der EU „strukturell schwieriger war“ – hier wird das CO2-Ziel für 2030 von 50 auf 40 Prozent gesenkt.
Die Kommission schlägt außerdem eine gezielte Änderung der CO2-Emissionsnormen für schwere Nutzfahrzeuge vor, mit der die Einhaltung der Ziele für 2030 flexibler gestaltet werden kann.
In Bezug auf Unternehmensfahrzeuge werden auf Ebene der Mitgliedstaaten verbindliche Ziele festgelegt, um die Einführung emissionsfreier und emissionsarmer Fahrzeuge durch große Unternehmen zu unterstützen. „Mehr emissionsfreie und emissionsarme Fahrzeuge auf dem Markt, sowohl für Erst- als auch für Gebrauchtfahrzeuge, werden allen Kunden zugutekommen. Da die Autos der Unternehmen höhere Jahreskilometer zurücklegen, bedeutet dies auch mehr Emissionsreduktionen“, heißt es. Außerdem werden emissionsfreie oder emissionsarme Fahrzeuge und „Made in the EU“ zu einer Vorbedingung für Fahrzeuge, die finanzielle Unterstützung aus öffentlichen Mitteln erhalten.
Stärkung der europäischen Batterieindustrie
Mit 1,8 Milliarden Euro soll der „Batterie-Booster“ die Entwicklung einer vollständig in der EU hergestellten Batterie-Wertschöpfungskette beschleunigen. Im Rahmen des Battery Booster werden mit 1,5 Milliarden Euro europäische Batteriezellenhersteller durch zinslose Darlehen unterstützt. Zusätzliche gezielte politische Maßnahmen sollen Investitionen unterstützen, eine europäische Wertschöpfungskette für Batterien schaffen und Innovation und Koordinierung zwischen den Mitgliedstaaten fördern.
„Diese Maßnahmen werden die Kostenwettbewerbsfähigkeit des Sektors verbessern, vorgelagerte Lieferketten sichern und eine nachhaltige und widerstandsfähige Produktion in der EU unterstützen, was zur Abscheu vor den marktbeherrschenden Akteuren auf dem Weltmarkt beiträgt“, heißt es.
Weniger Bürokratie und stärkere Rahmenbedingungen für den Übergang
Der Omnibus „Automotive“ soll den Verwaltungsaufwand verringern und die Kosten für die europäischen Hersteller senken, ihre globale Wettbewerbsfähigkeit stärken und Ressourcen für die Dekarbonisierung freisetzen. Es wird erwartet, dass die Unternehmen jährlich rund 706 Millionen Euro einsparen werden, wodurch sich die administrativen Einsparungen dank aller Omnibusse und Vereinfachungsinitiativen, die die Kommission bisher vorgelegt hat, auf rund 14,3 Milliarden Euro pro Jahr belaufen sollen.
Unter anderem wird vorgeschlagen, die Zahl der in den kommenden Jahren verabschiedeten sekundären Rechtsvorschriften zu verringern und die Tests für neue Personenkraftwagen und Lastkraftwagen zu straffen. Dies soll die Kosten senken und gleichzeitig höchste Umwelt- und Sicherheitsstandards einhalten. Die Einführung von Elektro-Transportern im Inlandsverkehr soll durch Maßnahmen unterstützt werden, die sie hinsichtlich der Ruhezeiten und -regeln der Fahrer den Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor gleichstellen.
Der Omnibus führt auch eine neue Fahrzeugkategorie im Rahmen der Initiative „Small Affordable Cars“ ein, die Elektrofahrzeuge mit einer Länge von bis zu 4,2 Metern abdeckt. Dies soll es den Mitgliedstaaten und den lokalen Behörden ermöglichen, gezielte Anreize zu entwickeln, die die Nachfrage nach kleinen Elektrofahrzeugen aus der EU ankurbeln.
Die Kommission aktualisiert und harmonisiert auch die Vorschriften für die Kennzeichnung von Kraftfahrzeugen, damit die Kunden beim Kauf vollständige Informationen über die Emissionen der Kraftfahrzeuge erhalten.
Noch kein Gesetz
Die von der EU-Kommission genannten Änderungen sind nur Vorschläge und noch keine finale Regelung oder ein Gesetz. Um das „Automobilpaket“ durchzubringen, muss zum einen das EU-Parlament zustimmen, zum anderen müssen die Mitgliedsstaaten im EU-Rat grünes Licht geben.
Neben Deutschland hatten sich sechs weitere EU-Länder für eine Abschwächung der CO2-Ziele und pro Verbrenner stark gemacht. Andere Länder, etwa Spanien, Frankreich, Dänemark und Belgien, wollen einen deutlich ambitionierteren Elektro-Kurs.
Änderungen an dem „Automobilpaket“ sind noch möglich, aber auch ein komplettes Scheitern – dann würde weiterhin das bisherige Ziel gelten, dass der CO2-Ausstoß von neuen Pkw 2035 um 100 Prozent sinkt.
Automobile Magazine-Germany





































































































