Seit Mai steht der 51-jährige Franzose Xavier Chardon an der Spitze von Citroën. Er will laut dem Portal Edison den „Esprit Citroën“ neu beleben – mit bezahlbarer Elektromobilität, mutigem Design und einer Rückkehr in den Motorsport, diesmal in der Formel E.
Im Gespräch mit Edison erklärte Chardon, dass seine Aufgabe darin bestehe, neue Energie in die Marke zu bringen. „Citroën war immer eine Marke mit Rollercoaster-DNA – mal ganz oben, mal fast tot, dann wiedergeboren“, sagte er. „In den letzten Jahren hat uns etwas Leidenschaft gefehlt. Meine Aufgabe ist es jetzt, diese Energie zurückzubringen – bei Kunden, Händlern, aber auch intern.“
Chardon sieht Citroën klar positioniert: nicht als Billiganbieter, sondern als Marke, die Komfort und Raum zu attraktiven Preisen bietet. „Wir sind keine Low-Cost-Marke. Aber wir bieten mehr Innenraum und Komfort zu einem attraktiven Preis als andere.“ Im Vergleich zu Schwestermarken im Stellantis-Konzern betont er die unterschiedlichen Schwerpunkte: Während Peugeot und Opel stärker auf Fahrdynamik setzten, konzentriere sich Citroën auf das Wohlbefinden aller Insassen.
Die technischen Probleme, die Citroën in den vergangenen Jahren mit Airbags, Batteriemanagement-Software und Abgasnachbehandlung plagten, sind laut Chardon behoben. Das Unternehmen gewährt nun acht Jahre Garantie auf jedes Fahrzeug als Signal für Vertrauen in die eigene Qualität. Auf teure Hightech-Funktionen verzichte Citroën bewusst. Kunden legten mehr Wert auf Platz, Komfort und Preis-Leistung als auf digitale Spielereien wie Smartphone-gesteuertes Parken, so der CEO.
„Mobilität für alle“
Besonders im Bereich Elektromobilität will Citroën punkten. Kleinwagen wie der ë-C3 sollen E-Autos für breite Käuferschichten erschwinglich machen. Mit einem Einstiegspreis von hierzulande 19.990 Euro und einer Reichweite von rund 200 Kilometern sei das Modell „für viele Pendler völlig ausreichend“, so Chardon. Wie einst der 2CV solle auch der ë-C3 „Mobilität für alle“ ermöglichen. Statt überdimensionierter Bildschirme oder überflüssige Elektronik setze das Modell auf einfache, praktische Lösungen. Diese Philosophie verkörpere die wahre Citroën-DNA: erschwinglich, unkonventionell und alltagstauglich.
Auch im Motorsport plant die Marke ein Comeback – jedoch nicht in der Rallye-Weltmeisterschaft, sondern in der Elektro-Rennserie Formel E. Zum 60. Jubiläum von Citroën Racing wolle man mit einem Werksteam antreten. Die Entscheidung sei Ausdruck des neuen E-Fokus der Marke, erklärte Chardon. „Wir waren erfolgreich bei der Rallye Dakar, haben acht Mal die Rallye-Weltmeisterschaft gewonnen. Jetzt beginnt ein neues Abenteuer: die Formel E.“
Zur politischen Diskussion über das EU-weite Aus von neuen, fossil betriebenen Verbrenner-Pkw ab 2035 äußert sich der Markenchef pragmatisch. Während Elektroautos bei Pkw zunehmend erschwinglich würden, sehe er große Herausforderungen bei leichten Nutzfahrzeugen. Für viele Handwerksbetriebe und Lieferdienste fehle eine praktikable Ladeinfrastruktur, und das Laden an der Straße sei oft teurer als Diesel.
„Alles auf Elektroantrieb zu setzen, halte ich für riskant“
Chardon warnt vor einem reinen Elektro-Dogma. Übergangstechnologien wie Range Extender oder moderne Plug-in-Hybride seien für viele Länder unverzichtbar, um CO₂-Emissionen zu senken, ohne Kunden finanziell zu überfordern. Ein vollständiger Fokus auf Elektroantrieb sei riskant, solange die Rahmenbedingungen nicht überall stimmten.
Trotz der Zugehörigkeit zum Stellantis-Konzern mit seinen 14 Marken will Chardon Citroën als eigenständige Größe bewahren. Er betont, dass die Marke ihren eigenen Weg gehen müsse: mutig, unkonventionell und erschwinglich. Modelle wie der kleine Stadtstromer Ami seien Beweis für diese Haltung – auch wenn sie nicht überall gleich erfolgreich seien.
Retro-Design-Trends anderer Hersteller verfolgt Chardon mit Gelassenheit. Ein neues Modell im Stil des Citroën Visa werde es nicht geben. Stattdessen stehe das Grundprinzip des 2CV – einfache, zugängliche Mobilität – im Zentrum der Markenphilosophie. Zu Spekulationen über eine mögliche Zusammenlegung von Citroën und der Premiummarke DS äußerte sich der Manager nicht. Er verwies lediglich darauf, dass er „viel zu tun mit Citroën“ habe und diese Frage an Stellantis-Chef Antonio Filosa gerichtet werden müsse.
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