Die IG Metall zieht ihren Antrag beim Arbeitsgericht Frankfurt/Oder zurück, mit dem sie eine ungehinderte Arbeit ihrer Mitglieder im aktuellen Tesla-Betriebsrat durchsetzen wollte. Damit reagiert sie laut einer Mitteilung auf die erhebliche Verzögerung des Verfahrens.
IG Metall-Bezirksleiter Jan Otto: „Mit dem Antrag wollten wir bereits Ende 2024 erreichen, dass die Metallerinnen und Metaller im Tesla-Betriebsrat uneingeschränkt die Interessen der Belegschaft vertreten können. Dafür müssen die Pflichtverstöße der managementnahen Betriebsratsvorsitzenden aufhören. Jetzt soll das Gerichtsverfahren dazu aber erst im Mai 2026 nach der Neuwahl des Betriebsrats stattfinden – damit macht es keinen Sinn mehr. Mit seiner Verzögerungstaktik nutzt Tesla die Kapazitätsmängel an Brandenburger Arbeitsgerichten aus. Dieses Zeitspiel vor Gericht zerstört das Vertrauen in den Rechtsstaat.“
Die Überlastung der Brandenburger Arbeitsgerichte erschwere es seit langem, Arbeitnehmerrechte durchzusetzen, erklärt Otto. Selbst Klagen gegen Kündigungen dauerten oft anderthalb Jahre und länger. Dieser Stau an den Arbeitsgerichten höhle Arbeitnehmerrechte aus. Gerade Tesla nutze die Engpässe immer wieder, um Verfahren entscheidend zu verzögern. Der Terminstau an den Arbeitsgerichten sei Folge falscher Einsparungen, die schnellstens rückgängig gemacht werden müssen. Die Situation gebe Tesla und anderen Unternehmen die Möglichkeit, unliebsame und aussichtslose Verfahren so sehr hinauszuzögern, dass die Rechte der Betroffenen auf der Strecke bleiben.
In dem konkreten Fall hatte die IG Metall bereits Ende 2024 beim Arbeitsgericht Frankfurt/Oder einen Antrag auf Amtsenthebung der managementnahen Betriebsratsvorsitzenden gestellt. Dieser zielte vor allem darauf, sie zur Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften für eine Betriebsratsvorsitzende zu bringen. Nach einem gescheiterten Einigungsversuch auf einem Gütetermin hatte das Gericht zur Verhandlung für den 13. November 2025 geladen.
„Verfahren de facto sinnlos geworden“
„Kurz vor dem Termin erklärte der Tesla-Anwalt, er habe eine Terminkollision in seinem Kalender bemerkt. Dabei beschäftigt die von Tesla beauftragte Kanzlei Seitz fast 100 Fachanwälte für Arbeitsrecht, die als Vertretung in Frage gekommen wären“, so die IG Metall. Dennoch habe das Gericht den Termin um ein weiteres halbes Jahr auf Mai 2026 verlegt. Damit sei das Verfahren de facto sinnlos geworden, da der Betriebsrat bei Tesla im Zeitraum März bis Mai ohnehin neu gewählt werde.
„Das Vorgehen der Anwälte des Tesla-Managements ist verantwortungslos“, kritisiert Otto. „Erst sorgt das Unternehmen selbst durch seine Hire-and-Fire-Strategie für eine Flut von Verfahren am Arbeitsgericht Frankfurt/Oder und verschärft damit die ohnehin prekäre Situation an den Brandenburger Arbeitsgerichten. Und dann macht man sich diese Überlastung selbst zunutze und spielt in Verfahren auf Zeit. Verantwortlich sind am Ende nicht die Gerichte, sondern die Politik. Wir fordern die Landesregierung auf, die Fehler der Vergangenheit zu korrigieren und schnellstmöglich wieder mehr Kapazitäten an den Arbeitsgerichten zu schaffen.“
Mit dem Antrag zielte die IG Metall darauf, noch in dieser Wahlperiode eine ihrer Ansicht nach wirkungsvolle Vertretung der Belegschaftsinteressen im Tesla-Betriebsrat zu ermöglichen. In dem Betriebsrat stellt die IG Metall die größte Gruppe, aber nicht die Mehrheit. Die haben vier managementnahe Listen, die gemeinsam die Betriebsratsvorsitzende gewählt haben. Diese hat sich nach Auffassung der IG Metall wiederholt über die gesetzlichen Regeln hinweggesetzt, „die eine offene, demokratische Willensbildung im Betriebsrat garantieren und Rechte von Minderheiten sichern sollen“.
Tesla-Werkleiter warnt vor IG Metall
Wenige Monate vor den Betriebsratswahlen in Teslas Elektroauto-Fabrik nahe Berlin hat Werkleiter André Thierig kürzlich erneut in den laufenden Wahlkampf eingegriffen. Tonaufnahmen einer internen Veranstaltung belegen, wie er den möglichen Einfluss der IG Metall mit der Zukunft des Standorts verknüpft. Er stellte infrage, ob Tesla bei einem Wahlerfolg der Gewerkschaft in die Erweiterung der Fabrik investieren wird.
Er könne sich „nicht vorstellen, dass Elon, dass unser Board sich für den Ausbau der Fabrik entscheiden würde, wenn die Wahl mehrheitlich Richtung IG Metall ausfällt“, so Thierig. Entscheidungen über Investitionen würden nicht in Grünheide, sondern vom CEO Elon Musk, dem Finanzchef und dem Vorstand in den USA getroffen. Das US-Management beobachte genau, wie die Belegschaft abstimmt.
Tesla-Chef Musk gilt als gewerkschaftsfeindlich, sein deutscher Werkleiter Thierig unterstützt dies. Dennoch wurde die IG Metall bei der Wahl im März 2024 stärkste Einzelfraktion, während vier weitere Listen eine Mehrheit gegen sie bildeten. Seitdem warnt Thierig immer wieder vor dem Einfluss der Arbeitnehmervertreter und macht sie für Probleme anderer Hersteller verantwortlich.
Das Unternehmen hat Thierig zufolge zwar auch 2025 „Unmengen am Standort investiert“. Konkret sei ein „substanzieller dreistelliger Millionenbetrag“ in den Anlauf neuer Modelle sowie in Automatisierungsprojekte in der Produktion geflossen. Der Werkleiter betonte aber, dass es „immer auch einen gewissen Wettbewerb unter den Standorten“ gebe. Tesla werde langfristig Produktivität und Kosten mit Werken wie Shanghai vergleichen.
„Wenn wir hier am Standort nicht weiter so wettbewerbsfähig produzieren können, wie wir das aktuell tun, würde man sicherlich genau draufschauen, wo man strategisch in Zukunft investiert“, so Thierig. Eine 35-Stunden-Woche sei für ihn daher auch „eine rote Linie, darüber werden wir nie verhandeln“. Damit würde die Wettbewerbsfähigkeit deutlich beeinträchtigt und Produktion könnte ins Ausland verlagern werden.
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