Die Europäische Union muss ihre Automobilindustrie gegen die Konkurrenz aus China verteidigen, forderte laut Reuters der für Industriepolitik verantwortliche EU-Kommissionsvizepräsident Stéphane Séjourné gegenüber der italienischen Tageszeitung La Stampa. Dazu gehöre die Neubewertung des Null-Emissions-Ziels für Neuwagen und Lieferwagen ab dem Jahr 2035.
Die EU sollte auch eine Diversifizierung ihrer Exporte ins Auge fassen und neue Regeln zum Schutz der Produktion in Europa festlegen, so Séjourné. „Wir müssen weniger naiv sein und uns wieder an die Standards aller großen Volkswirtschaften der Welt anpassen. Wir sind der einzige Kontinent, dem es an strategischem Denken in der Industriepolitik mangelt.“
Séjourné warnte: „Wenn wir nicht eingreifen, wird die Zahl der in Europa produzierten und verkauften Autos in zehn Jahren von 13 auf 9 Millionen sinken.“ Die EU müsse Flexibilität zeigen, was das Ziel eines vollständigen Ausstiegs aus Verbrennungsmotoren bis 2035 angeht. Konkret ist geplant, dass in der EU ab 2035 keine fossil betriebenen Pkw und Lieferwagen mehr neu zugelassen werden dürfen. Ausnahmen für mit synthetischen Kraftstoffen („E-Fuels“) betriebene Verbrenner sind vorgesehen, E-Fuels sind aber bisher kaum verfügbar und sehr teuer.
Zuletzt verstärkten sich die Stimmen aus Industrie und Politik, die die EU-Vorgaben für 2035 überarbeiten oder auch ganz kippen wollen. Der durch die Regulierung faktisch erzwungene Umstieg auf Elektro- und Wasserstofffahrzeuge sei nicht mehr realisierbar, lautet die Argumentation. Die EU wird das Ziel aufgrund des zunehmenden Drucks voraussichtlich bis Ende des Jahres überprüfen, schreibt Reuters.
Europäische Autohersteller sollten sich für ihren Absatz neuen Märkten zuwenden, und Unternehmen sollten weniger Bürokratie ausgesetzt sein, sagte Séjourné. Anfang dieser Woche erklärte er, die EU werde die Schaffung einer neuen Kategorie erschwinglicher Kleinwagen ankündigen, um chinesischen Konkurrenten entgegenzuwirken.
Der Industriekommissar deutete auch Maßnahmen gegen chinesische Produktionsstätten in Europa an. „Heute gibt es Hersteller, die chinesische Autos in Europa mit chinesischen Komponenten und chinesischem Personal montieren: Das geschieht in Spanien und in Ungarn. Das ist nicht akzeptabel.“
Auf die Frage, ob Europa protektionistische Maßnahmen ergreifen sollte, antwortete Séjourné, dass „es notwendig ist, Bedingungen für ausländische Investitionen in Europa einzuführen“. Er fügte jedoch hinzu, dass Zölle zu Handelsspannungen führen und die Produktion beeinträchtigen würden. Die EU hat im letzten Jahr Strafzölle auf in China gebaute E-Autos aktiviert. Das begründete man damit, dass die Volksrepublik ihren Herstellern durch hohe Subventionen einen unfairen Vorteil verschaffe. Die chinesische Regierung bestreitet das und droht mit empfindlichen Gegenmaßnahmen.
Séjourné erklärte auch, dass Europa, um die Abhängigkeit von China bei Seltenerdmetallen zu verringern, neue Lieferanten – wie Brasilien, Kanada und Länder in Afrika – in Betracht ziehen solle. Er sprach sich zudem für die Einführung von Beschränkungen für die Verwendung der Metalle, mehr Recycling und lokale Abbaustätten aus.
Zum Artikel EU-Industriekommissar: Müssen Autoindustrie vor chinesischen Konkurrenten schützen auf ecomento.de
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