Der junge türkische Hersteller von Elektroautos Togg bereitet seinen Markteintritt in Deutschland bewusst zurückhaltend vor. CEO Gürcan Karakas betont im Gespräch mit dem Portal Elektroauto-News.Net, dass Deutschland für die Marke mehr als ein zusätzlicher Absatzmarkt sei. Es gehe um einen Referenzmarkt, an dem Qualität und Nutzererwartungen gemessen würden. Für 2025 plant Togg deshalb nur rund 600 Fahrzeuge – ein kleiner, kontrollierter Einstieg, der Vertrauen aufbauen soll statt schnellen Marktanteilsgewinn.
Diese vorsichtige Strategie ist eng mit der Produktion in der Türkei verknüpft. Der Togg Technology Campus in Gemlik ist aktuell auf 100.000 Fahrzeuge pro Jahr ausgelegt und soll mit einer fünften Modellplattform auf 175.000 Einheiten wachsen. Wie viele Fahrzeuge nach Europa geliefert werden, entscheidet das Unternehmen flexibel. Es gebe keine festen Exportquoten, vielmehr werde dynamisch zwischen türkischem und europäischem Markt gesteuert, abhängig von Bedarf und Qualitätsanforderungen.
Beim Vertrieb geht Togg in Deutschland einen anderen Weg als viele Wettbewerber. Statt eines klassischen Händlernetzes setzt das Unternehmen auf einen digitalen Direktvertrieb über die Plattform Trumore. Konfiguration, Finanzierung, Versicherung und Auslieferung sollen digital ablaufen, ergänzt durch physische Kontaktpunkte. Geplant sind Standorte in Stuttgart, Kelheim und Neuss sowie Servicepunkte in Städten wie Berlin, Essen und Nürnberg. Probefahrten und Pop-up-Formate sollen den Erstkontakt erleichtern.
Auch beim Thema Laden unterscheidet sich der Ansatz vom Heimatmarkt. Während Togg in der Türkei mit Trugo ein eigenes Ladenetz betreibt, setzt das Unternehmen in Deutschland auf Kooperationen und Roaming-Partnerschaften. Ziel sei ein einfacher, europaweit nutzbarer Zugang. Partner würden erst genannt, wenn die Integration für Nutzer einen klaren Mehrwert biete.
Togg bewirbt E-Autos als „Smart Devices“
Technologisch positioniert sich Togg vor allem über eine softwaredefinierte Fahrzeugarchitektur. Die Modelle T10X und T10F sind als „Smart Devices“ konzipiert, die sich per Over-the-Air-Updates weiterentwickeln. „Der Tag der Auslieferung ist der Tag, an dem das Gerät beginnt, durch Software immer neu zu bleiben“, so Karakas. Updates betreffen unter anderem Infotainment, Komfort, Effizienz, Sicherheit und Personalisierung.
Der After-Sales-Bereich folgt dieser Logik. Durch die elektrische Architektur sinkt der Wartungsaufwand, gleichzeitig sollen schnelle Serviceprozesse gewährleistet werden. Ersatzteile werden über Strukturen in der Türkei und Europa abgesichert. Für Flottenkunden plant Togg präventive Wartungslösungen. Besonderes Augenmerk liegt auf der Batterie, die Karakas als „entscheidenden Faktor für Vertrauen und Wiederverkaufswert“ beschreibt. Transparente Gesundheitsdaten und intelligentes Thermomanagement sollen Sicherheit schaffen, Programme zur Zweitnutzung oder zum Austausch sind abhängig von der Marktentwicklung vorgesehen.
Im Wettbewerb sieht sich Togg nicht als direkte Alternative zu Modellen wie VW ID.4, Škoda Enyaq oder Tesla Model Y. Man wolle keine bestehenden Marken kopieren und nicht über den Preis konkurrieren, erklärt der CEO. Ausschlaggebend seien die softwarebasierte Architektur, die 5-Sterne-Euro-NCAP-Bewertung, wettbewerbsfähige Reichweiten sowie das digitale Ökosystem. Die Zielgruppe reiche von technikaffinen Privatkunden über Einsteiger in die Elektromobilität bis zu künftig Flottenkunden, unterstützt durch Leasing- und Servicepakete mit deutschen Finanzpartnern.
„Deutschland ist kein Hindernis. Es ist ein Markt voller Chancen“, glaubt Karakas. Die Erwartungen an Sicherheit, Solidität, digitale Stabilität und intuitive Bedienung seien jenen in der Türkei ähnlich. Durch die Erfahrungen mit bisher fast 80.000 Fahrzeugen auf türkischen Straßen und der 2021 gegründeten Europa-Zentrale in Stuttgart sieht sich Togg gut für den deutschen Markt gewappnet. „Wenn ein Produkt richtig positioniert ist, kann es hier schnell Vertrauen gewinnen“, meint Karakas.
Automobile Magazine-Germany






















